43% der Schweizer Bevölkerung wünscht sich jemanden, der Ihnen zuhört. 1/3 fühlt sich einsam!
Betroffene berichten Melanie Wolff: "Die Coronazeit an sich fällt mir sehr schwer. Was es so schwer macht, ist definitiv das Alleinesein. Der soziale Kontakt fehlt, das Zwischenmenschliche, sich einfach mal irgendwo zu treffen, zu unterhalten. Ich hätte auf gar keinen Fall erwartet, dass ich mich mal so lange so einsam fühlen würde." Melanie Wolff ist komplett allein. Erst vor Kurzem ist die 32-Jährige in eine fremde Stadt gezogen. Freunde konnte sie dort bislang keine finden, ihre Familie will sie nicht besuchen, um sie vor Corona zu schützen. Tagsüber sitzt sie allein im Home Office. Melanie Wolff: "Also ich habe mir definitiv vorgestellt, dass ich jedes Wochenende nach Hause fahren kann. Meine Freunde sehen, meine Familie sehen, ziemlich schnell neue Kontakte knüpfen kann, Arbeitskollegen kennenlernen kann, abends was unternehmen kann. Und das ist jetzt alles ausgefallen. Das ist natürlich sehr schwer, ja." Kollegin: "Hi!" Melanie Wolff: "Hi. Kannst du mich hören? Ja." Kurze Telefonate mit den Kollegen heitern sie auf. Manchmal sind es ihre einzigen Gespräche am Tag. Melanie Wolff: "Ist ja Freitag, ist bald Wochenende." Kollegin: "Ja, Gott sei Dank. Ich freue mich schon wie verrückt, war eine wilde Woche." Melanie Wolff: "Dann machen wir auch gerne mal die Kamera an. Dass man auch mal Gesichter sieht. Das ist ein kleiner Lichtblick. Auf jeden Fall, mal kurz Smalltalk, mal kurz hören, wie es geht. Gerade freitags immer so das klassische Wochenend-Gespräch, das man immer führt. Es ersetzt so ein bisschen die Gespräche in der Kaffeeküche, klar, wenn auch nicht vollumfänglich. Aber es ist ein kleiner Ersatz." Im schlimmsten Fall kommt es zur Depression Für immer mehr Menschen wird die Corona-Krise zur psychischen Belastung. Eine aktuelle Studie mit knapp 2000 Teilnehmern zeigt: Schwere depressive Symptome sind während des ersten Lockdowns um das Fünffache gestiegen. Diese Frau wäre an ihrer Einsamkeit fast zerbrochen. Sie will unerkannt bleiben. Eine tiefe Depression führte sie in die psychiatrische Klinik nach Lüneburg zu Therapeutin Katharina Knüpling. Katharina Knüpling, leitende Ärztin: "Und Sie haben mir berichtet, dass durch die Maßnahmen, die Corona erfordert hat, vieles auch weggebrochen ist, was Ihnen sonst Freude macht?" Patientin: "Ja, sehr viel weggebrochen. Mein jüngster Enkel Paulchen, den habe ich seit Weihnachten nicht mehr gesehen." Katharina Knüpling, leitende Ärztin: "Seit Weihnachten?" Patientin: "Es kommt eine Traurigkeit, eine Flut über einen." Katharina Knüpling, leitende Ärztin: "Und die äußert sich auch körperlich?" Patientin: "Ja, jetzt zitterte ich wirklich. Und in dieser Einsamkeit, da gehört so viel Kraft dazu, wenn sie allein sind als Mensch." Allein durch die Pandemie. Vier Menschen. Vier Schicksale. Sie zeigen: Die Corona-Zeit hinterlässt ihre Spuren. ARD.de Report Mainz 2.12.2020 |